Mit dem „Brunnentaler“ im Reformationsjahr
Der Gewerbeverein der Lutherstadt Wittenberg gibt jedes Jahr zwei Münzen heraus: den Brunnentaler – jede von ihnen mit einem anderen Motiv. Vereinsmitglied Frank Paul hat den Brunnentaler auf den Weg gebracht
Wittenberg ist berühmt für sein Wahrzeichen, die Kirche St. Marien, in der schon Martin Luther predigte. Doch zum Stadtbild der Lutherstadt gehört auch ein anderes, eher unter Wittenbergern bekanntes kulturhistorisches Denkmal aus dem 16. Jahrhundert: die Brunnen des sogenannten Röhrwassersystems, insgesamt etwa 19 an der Zahl.
Frank Paul ist heute noch stolz darauf, die Brunnen vor Jahren in seine Taler-Idee eingebunden zu haben. 2009 entwickelte der damalige Vorsitzende der Werbegemeinschaft Altstadt, die später mit dem Gewerbeverein Handwerk zum heutigen Gewerbeverein Lutherstadt Wittenberg fusionierte, auf eine Initiative von Händlern und Gastwirten hin die Idee eines Zahlungsmittels für die Innenstadt, mit dem er die Kunden begeistern wollte: einen Gutschein in Form einer Münze. „Für unseren ersten Brunnentaler zum Reformationsfest im Frühjahr 2009 haben wir lange nacheinem Motiv gesucht – bis uns ein ortsansässiger Kaufmann auf das Jungfernröhrwasser hingewiesen hat“, erzählt Frank Paul.
Die Geschichte dazu kennt nahezu jeder Wittenberger: Im Spätmittelalter versorgten sich Wittenbergs Bürger über die Brunnen und Bäche mit Wasser. Schließlich brachte das steigende Bedürfnis nach frischem Wasser den herrschenden Kurfürsten 1542 dazu, ein Quellgebiet zu erschließen und eine Wasserleitung aus hohlen Holzstämmen und Eisenbuchsen zu verlegen – zunächst nur in sein Schloss. Das System war so effektiv, dass der Fürst bald darauf weitere Anschlüsse verkaufen konnte. 1556 machten sich sieben wohlhabende Bürger – darunter Luthers Wegbegleiter Philipp Melanchthon – vom Herrscher unabhängig und gründeten eine eigene Gesellschaft, um die Stadt mit Wasser zu versorgen.
Limitierte Edition
Das Brunnen-Motiv passte also von Anfang an perfekt: Denn mit jeder neuen Auflage konnte der Gewerbeverein Lutherstadt Wittenberg einen anderen hochmittelalterlichen Brunnen auf der
Münze zur Geltung bringen – und damit ein Stück Stadtgeschichte. War 2009 das erste Motiv der Brunnen im Cranach-Haus, folgten später weitere nach berühmten Wittenbergern benannte Wasserquellen, darunter die Philipp Melanchthon gewidmete. Für das große Fest im Oktober 2017 anlässlich 500 Jahren Reformation soll auf dem Brunnentaler der Marktbrunnen abgebildet sein, aus dem dann – so ist es geplant – sogar Bier fließen soll. Während die Vorderseite der Münze sich bei jeder Edition verändert, bleibt die Rückseite immer gleich: In ihr ist das Wappen der Lutherstadt eingraviert.
„Jeder Brunnen ist eine Persönlichkeit im Sinne des Baudenkmals“, sagt Frank Paul stolz. Dass sich diese steinernen Persönlichkeiten zweimal jährlich zum Stadtfest im Frühjahr sowie zum Reformationsfest im Herbst in limitierten Auflagen auf dem Brunnentaler wiederfinden, erfüllt mittlerweile einen anderen Zweck als den ursprünglich geplanten: Denn in den 35 Akzeptanzstellen von Händlern kam der Brunnentaler mit einem Wert von zehn Euro als Zahlungsmittel nicht wirklich an. „Von der ersten Edition kamen von 1000 zwei Stück zurück“, sagt Paul – und auch die seien dem Verein „schnell aus der Hand gerissen“ worden. „Wir verstanden sehr schnell, dass die Leute den Taler lieber sammeln.“
„Der Wert des Brunnentalers ist gesetzt“
Schon bei der darauffolgenden Auflage, den 1000 Brunnentalern mit Melanchton-Brunnen, folgte der Gewerbeverein dem Rat der Politik – den Brunnentaler mit historischen Ereignissen wie etwa dem Melanchthon-Jahr 2010 zu koppeln. „Mittlerweile sind wir bei unserer 15. Auflage – seit 2012 in erfolgreicher Zusammenarbeit mit derTaler“, sagt Paul. Sein Lieblings-Brunnentaler sei der allererste, gibt er lächelnd zu. Doch von der Choreografie und Gestaltung her seien alle auf ihre Art und Weise schön: „Sie haben alle ihren Charme.
Seitdem ist klar: Die Gutscheinidee mit dem Marketing zu koppeln, hat sich zwar in eine andere Richtung entwickelt – hin zum Brunnentaler als Rarität. „Doch dadurch, dass die Auflagen jeweils limitiert sind und nicht nachproduziert werden, ist der Wert des Brunnentalers von vornherein gesetzt“, beschreibt Frank Paul den Sammlerwert. Er sei somit eher nicht für die „breite Masse, sondern für verschiedene Zielgruppen“ bestimmt: für Münz- und Notgeldsammler ebenso wie als Mitarbeitergeschenk. So würden etwa die Wittenberger Stadtwerke den Brunnentaler seit Jahren als Geschenk vergeben, freut sich Frank Paul. Mit Schatulle und Feier und allen Ehren.
Disclaimer: Um dem allgemeinen deutschen Sprachgebrauch zu entsprechen, werden unsere Produkte auf dieser Seite als „Münzen“ bezeichnet. Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich jedoch um individuell geprägte Medaillen und keine aktuellen oder ehemaligen Zahlungsmittel handelt.